Die Korrelation zwischen Angst und Macht

Ein DAnKe-Teilnehmer äußerte mir gegenüber, dass er große Angst vor der Zukunft habe. Zukunftsangst, also Angst vor der Zukunft, ist eine weit verbreitete und normale menschliche Emotion, die sich durch Sorgen und Befürchtungen über zukünftige Ereignisse und Entwicklungen äußert.

Angst ist ein grundlegendes menschliches Gefühl, das als Reaktion auf wahrgenommene Bedrohungen oder Gefahren auftritt. Es ist eine natürliche Schutzfunktion, die uns in gefährlichen Situationen warnt und zur Flucht oder Vermeidung auffordert.

Ängste können sich in verschiedenen Formen manifestieren, von allgemeinen Sorgen bis hin zu spezifischen Befürchtungen, und können sowohl psychische als auch körperliche Symptome hervorrufen. Es ist eine Form der Erwartungsangst, bei der man sich negative Szenarien ausmalt und sich vor deren Eintreten fürchtet. Negative Erlebnisse in der Vergangenheit können dazu führen, dass man befürchtet, dass sich diese wiederholen könnten. Das Unbekannte kann eine natürliche Quelle von Angst sein, da es keine Gewissheit darüber gibt, was die Zukunft bringen wird. Aktuelle Ereignisse wie Kriege, Wirtschaftskrisen oder politische Veränderungen können ebenso Ängste vor der Zukunft verstärken. Angst zu verspüren ist ganz normal. Angst hat, wie die anderen Basisemotionen, eine grundsätzlich nützliche Funktion. So kann sie uns in gefährlichen Situationen zur Vorsicht mahnen oder uns unsere Grenzen signalisieren und uns um Hilfe bitten lassen. Es geht also nicht darum, Ängste loszuwerden, sondern sie in bestimmten Situationen und im richtigen Ausmaß da sein zu lassen und auch ernst zu nehmen.

Doch Angst kann auch missbraucht werden.

Schon vor 500 Jahren war die Strategie der Populisten: Ängste schüren und sie für eigene Zwecke missbrauchen. Heute hat diese Methode einen Höhepunkt erreicht. Die Ängste der Menschen waren selten größer als heute. Trotz hohem Wohlstand schaut die überwältigende Mehrheit der Deutschen mit großem Pessimismus in die Zukunft. Viele dieser Sorgen sind berechtigt, andere sind jedoch irrational oder gar fiktiv. Sie werden von manchen in Politik, Wirtschaft und Medien bewusst geschürt und als Instrument der Macht missbraucht. Denn Angst bedeutet Macht. Die Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft sind katastrophal. Der ausgelöste Vertrauensverlust ist die wichtigste Gefährdung für Zukunftschancen und Wohlstand.

Vielleicht bemerken Sie in einem Menschen in Ihrer Umgebung Machtstreben. Sie sehen, dass er vorankommen will, dass er Macht bekommen will. Da gilt es zunächst einmal zu überlegen, welche Art von Machtstreben es ist. Es gibt manche Menschen, die viel Gutes bewirken wollen, und um Gutes zu bewirken, muss man auch in Verantwortungspositionen gehen. Um in die Verantwortungsposition zu kommen, braucht man irgendwie auch Macht. Macht an sich ist also weder positiv noch negativ, sie beschreibt lediglich ein Potenzial, eine Kraft, die wir einsetzen können. Und so muss ein Machtstreben an sich nicht schlecht sein.

Ein Machtstreben für die gute Sache ist im Gegenteil sehr hilfreich. Wenn idealistische Menschen in Verantwortungspositionen kommen, dann können sie mehr bewirken, als wenn sie bescheiden im Hintergrund sind und vielleicht nur fünf bis zehn Menschen in ihrer Umgebung mit ihrem uneigennützigen Dienen helfen. Daher muss Machtstreben nicht falsch sein. Wichtig ist aber, dass Machtstreben ethisch bleibt. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel und es gilt, dass man eben nicht über Leichen gehen sollte und dass man nicht unehrlich sein sollte. Weniger das Machtstreben ist das Problem. Die Frage ist: Ist der Weg nach oben ethisch? Und wenn man feststellt, dass jemand in seinem Machtstreben unethische Dinge tut, dann sollte man sich dem entgegenstellen. Macht wird in der Regel definiert als die Fähigkeit, eine oder mehrere Personen zu einem bestimmten Denken und/oder Verhalten zu führen. Das trifft auf Max Weber zu, der Macht als jede Chance sieht, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen.

Manche Menschen streben nach Macht, um Kontrolle über andere auszuüben, während andere mehr Einfluss auf ihr eigenes Leben haben wollen. Manche Menschen streben aus Angst oder Misstrauen nach Macht über andere und greifen deshalb zu Zwangs- und antisozialen Strategien, um sie zu kontrollieren. Es gibt Menschen, die streben nach Macht, um begehrte Ressourcen zu erhalten und sie versuchen umgekehrt, sich der Kontrolle anderer zu entziehen. Die bekannte Kehrseite: Hohe Machtpositionen verführen oft zum Missbrauch, wobei betroffene Personen unnötig eingeschränkt, gedemütigt, geschädigt, missbraucht oder gar getötet werden.

Macht und Angst gehören in der politisch-gesellschaftlichen Welt eng zusammen. Macht hat für den, der sie hat, viele Vorteile und für diejenigen, die ihr unterworfen sind, viele Nachteile, denn Macht erzeugt bei den ihr Unterworfenen Angst. Da die Angst selbst wiederum Macht über die Geängstigten ausübt, haben diejenigen, die es verstehen Angst zu erzeugen, eine sehr wirkungsvolle Methode, auf diese Weise ihre Macht zu stabilisieren und zu erweitern. Angsterzeugung ist ein Herrschaftsinstrument und Techniken zum Erzeugen von gesellschaftlicher Angst gehören zum Handwerkszeug der Macht. Diese Einsicht ist so alt wie die Zivilisationsgeschichte.

Rainer Mausfeld, der bereits mit »Warum schweigen die Lämmer« ein fulminantes Aufklärungswerk veröffentlichte und damit auf den Bestsellerlisten landete, liefert mit dem vorliegenden Buch eine extrem wichtige Erweiterung, die mehr denn je vonnöten ist.

Stimmen zu seinem Bestseller »Warum schweigen die Lämmer«:

  • »Eine so schmerzhafte wie brillante Endoskopie des gegenwärtigen politischen Systems. Mausfeld ist ein Volksaufklärer in der Denktradition Humboldts, Deweys und Chomskys … ein Weckruf zur rechten Zeit.« (NZZ)
  • »Mit seinem neuen Buch beflügelt Rainer Mausfeld die Sehnsucht nach Veränderung.« (Rubikon)
  • »Mausfeld deckt die Systematik dieser Indoktrination auf und macht uns sensibel für die vielfältigen psychologischen Beeinflussungsmethoden.« (NachDenkSeiten)
  • »In dem Buch geht es insbesondere um Täuschung und Illusionen, was den Begriff der Demokratie und den Zustand der Gesellschaft angeht.« (Telepolis)

Problematisch wird es, wenn die Angst in unangemessenen Situationen überhand nimmt, oder aber auch, wenn zu wenig Angst besteht und damit das gesunde Warnsystem außer Kraft ist.

Das Interessante an der Angst ist, dass sie zwar als Basisemotion bei allen Menschen gleich ist (das heißt, sich physisch in ähnlicher Weise äußert), aber von Mensch zu Mensch unterschiedliche angstauslösende Konzepte und Situationen zu Grunde liegen können. Das bedeutet: Nicht jeder hat vor dem Gleichen Angst. Während der eine im Aufzug in Angstzustände verfällt, macht das dem nächsten gar nichts aus. Ein anderer hält es nicht mit einer Spinne im Raum aus oder kann nicht alleine im Dunklen sein. Andere dagegen bekommen Angst, weil man schlechter atmen kann – vielleicht löst es bei manchen sogar eine Panikattacke aus. Wieder anderen macht es Angst, dass sie den Gesichtsausdruck der Menschen gegenüber nicht mehr vollständig erkennen können und ihnen daher ein Bewertungsmaßstab für die Gefährlichkeit einer Situation entfällt. Sie sehen, es sind ganz unterschiedliche Dinge, die dem einen oder anderen Angst machen. Es ist nie die Situation selbst, die die Angst auslöst. Es ist immer – ganz wichtig: immer – Ihre eigene Interpretation der Situation! Und hier können wir ansetzen, wenn Sie da hingelangen möchten, dass gewisse Situationen bei Ihnen nicht mehr die Ihnen bekannten Angstzustände auslösen.

Wir unterscheiden in der Psychologie zwischen zwei Arten von Strategien zur Angstbewältigung: kurzfristige und langfristige Strategien.

Kurzfristige Strategien helfen Ihnen, in einer Akutsituation aus dem angstmachenden Gedankenkarussell auszusteigen. Eine solche kurzfristige Strategie kann sein, dass Sie zum Beispiel Beistand suchen, um aus einem Grübelkreislauf auszusteigen. Es ist in einer akuten Angst-Situation auch eine Möglichkeit, die angstauslösende Situation komplett zu vermeiden. Online zu bestellen statt im Gedränge einkaufen zu gehen. Das Zimmer mit der Spinne nicht betreten. Ein weiterer kurzfristig möglicher Ausweg aus der Angst ist Ablenkung – gehen Sie spazieren, hören Sie Musik, widmen Sie sich irgendeiner anderen Tätigkeit, die Sie vorübergehend beschäftigt hält. Es schwingt allerdings schon mit: Das funktioniert nur vorübergehend. Irgendwann müssen Sie doch einkaufen, möchten Sie doch das Zimmer wieder betreten, können Sie nicht ununterbrochen am Telefon hängen. Ohne langfristig wirksame Strategien kommt die Angst dann zurück, in vielen Fällen halten diese kurzfristigen Strategien die Angst sogar aufrecht, weil sie nicht an der Ursache ansetzen, sondern Ihrem System suggerieren, dass Ihre Angst gerechtfertigt ist, die Situationen wirklich sehr schlimm sind.

Langfristige Strategien setzen an den Ursachen an und helfen daher, nachhaltig mit unserer Angst besser zu leben beziehungsweise diese zu reduzieren. Bei Angst richten wir häufig den ganzen Fokus nach innen, auf unsere Gedanken, die Katastrophenszenarien, die unser Kopf sich ausdenkt, und unsere körperlichen panikartigen Reaktionen wie Herzrasen, Schweißausbrüche, Zittern usw. Wenn Sie sich so auf Ihre Angst konzentrieren, geraten Sie in einen Strudel, der Sie weglenkt von dem, was eigentlich gerade gegenwärtig ist. Es ist dann wichtig, dass Sie den Fokus auf die Wahrnehmung der Realität um Sie herum richten, um etwas anderes als die eigene Angst »für wahr zu nehmen«.

Das braucht etwas Übung, denn das ist am Anfang vielleicht gar nicht so leicht. Sie können sich hierzu täglich eine kleine Aufgabe vornehmen:

Stellen Sie sich für 5 Minuten ans Fenster, schauen Sie raus und beschreiben Sie aufmerksam die Umgebung – alles, was Sie sehen, so detailliert wie möglich. Damit trainieren Sie, den Fokus nach außen zu richten. Stellen Sie sich am besten einen Wecker und seien Sie nicht so streng mit sich, wenn Sie am Anfang häufig und schnell abschweifen – das ist normal. Nach und nach können Sie die Zeitspanne verlängern oder auch ein anderes Gebiet auswählen, zum Beispiel, indem Sie einen Achtsamkeitsspaziergang im Wald oder Stadtpark machen und alles um Sie herum aufmerksam wahrnehmen. So können Sie sich trainieren, im Hier und Jetzt zu sein, und es wird Ihnen auch in angstmachenden Situationen leichter gelingen, durch Wahrnehmung der Umgebung Ihr Gedankenkarussell zu stoppen. Erinnern wir uns: Es ist niemals die Situation, sondern die Interpretation der Situation, die ein Gefühl auslöst, in unserem Fall also, die Ihnen Angst macht. Die gute Nachricht ist: Es ist durchaus möglich, die Interpretation einer Situation zu verändern, und zwar indem Sie Ihrem Unterbewusstsein die Möglichkeiten eröffnen, andere Interpretationen zu wählen.

Dazu können Sie angesichts einer angstmachenden Situation in zwei Schritten verfahren:

Im ersten Schritt schreiben Sie sich alles auf, was Ihnen an negativen, die Angst hervorrufenden Gedanken einfällt. Nehmen wir also zum Beispiel das Tragen der Mund-Nasen-Schutzmasken. Da ist die Sorge, nicht genug Luft zu kriegen, das archaische Unbehagen, die Mimik der anderen nicht zu erkennen und daher eine Gefahrensituation falsch einzuschätzen, da ist die Unzufriedenheit, dass es von außen auferlegt ist. Vielleicht auch das generelle Gefühl von Bedrohung, wenn um einen rum maskierte Menschen sind. All diese Interpretationsmöglichkeiten erkennen Sie an, indem Sie sie aufschreiben.

Im zweiten Schritt eröffnen Sie nun aber neue Möglichkeiten und schreiben auf, wie Sie die Situation anders erleben könnten. Fragen Sie sich, wie Sie die Situation lieber erleben würden, welche Interpretation Ihnen dienlicher wäre. Dabei müssen Sie nicht zum Maskenfan mutieren oder Spinnen plötzlich zu den putzigsten Tierchen erklären. Es reicht durchaus, wenn Sie Gedanken der Akzeptanz notieren wie »Es ist wie es ist«, »Es ist nur für kurze Zeit«, »Ich kann den Raum jederzeit verlassen«, oder auch positiv belegte Gedanke wie angesichts der Masken, »Ich zeige damit Gemeingefühl und Rücksichtnahme«.

Dadurch, dass Sie Ihrem System eine neue Option geben, kann die Situation in der Zukunft als angenehmer oder wenigstens weniger unangenehm empfunden werden. So können Sie immer wieder neue Lernerfahrungen machen. Wenn Sie die angstauslösenden Situationen immer meiden, können Sie nie lernen, dass Sie es schaffen können. Durch diesen Plan können Sie beim Kleinen anfangen und sich nach und nach weiterbringen. Sie erleben, dass Sie die Situation trotz Ihrer Ängste bewältigen können. Und vergessen Sie nicht, sich bei jedem Erfolg ordentlich zu feiern und sich ein großes High Five zu geben!

Ihr Dr. Peter Schmidke

 

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